18. Adventskalendertürchen

Weil die Geschichte zur Nordroute auf dem Camino Primitivo gestern so gruselig war, Alternativwege aber einfach manchmal schöner sind als die eigentlichen Routen und die Legende zu dieser Variante nicht nur nicht so gruselig ist wie die gestrige, sondern vielmehr wirklich was für Herz und Bauch, mache ich heute ebenfalls einen Schlenker mit euch und zwar vom Camino Portugués auf den Camino Espiritual, einem halsknödeligen Lustwandelweg:

 

 

 

Monasterio de Armenteira

 

Der Name Armenteira, der nicht nur dieses kleine Örtchen, sondern auch den Fluss und das Monasterio bezeichnet, leitet sich wahrscheinlich ab vom lateini­schen armentum – Rind-/Vieh (das merke ich mir für die nächste Autofahrt!).

 

Ihr betretet das Zisterzienserkloster unter dem Schutz seines Gründers Don Ero, der euch aus einer Nische über dem Torbogen (ist der nicht wunder­schön?!) begrüßt.

 

 

 

Auch wenn es erst 1190 urkundlich erwähnt wird, wurde es bereits 1149 gegründet. Die Arbeiten an der für diesen Orden so typischen strengen, einfachen Kirche begannen 1167. Vom ursprünglichen, wesentlich kleine­ren Kreuz­gang sind nur einige Säulenteile und eine kleine Tür erhalten. An den stilis­tisch sehr unterschiedlichen Flügeln lässt sich sehr leicht erkennen, dass man an ihm ab 1677 ein geschlagenes Jahrhundert lang herumwurschtelte. Der Glockenturm stammt aus 1778.

 

1837 mussten die Mönche das Kloster aufgrund der Desamortisation (Verstaatlichung kirchlicher Immobilien) aufgeben und die Gebäude ver­fielen. 1963 bildete sich die Vereinigung der „Amigos de Armenteira“, die sich daranmachten, das alte Gemäuer wieder herzurichten, und 1989 hat mit Zisterzienserinnen auch wieder Klosterleben Einzug gehalten.

 

 

 

Die Legende des San Ero de Armenteira

 

Es war einmal zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, da lebten in Armenteira, einem wunderschönen, ruhigen und zurückgezoge­nen Örtchen an den Hängen des Monte Castro, der edle Ritter Don Ero mit seiner Gemahlin in zufriedener Beschaulichkeit. Zu ihrem vollkomme­nen Glück fehlte nur ein Kind, doch dies war ihnen nicht beschieden. In ihrer Not bezo­gen sie ihre Bitte um einen Stammhalter in ihre Gebete ein. Da erschien dem Ritter im Traum die Jung­frau Maria und ließ ihn wissen, dass es viel wichtiger sei, sich um spiritu­elle Nachkommen zu bemühen, als um weltliche. So geschah es, dass er gleich hier in seiner Heimstatt ein Kloster gründete, es der Mutter­gottes weihte und den Heiligen Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153, Abt, Kreuzzugsprediger und Mönch, der für die Aus­breitung des Zisterzien­serordens in ganz Europa sorgte) um Hilfe bat, woraufhin dieser ihm vier Mönche seines Konvents schickte, die ihm beim Aufbau des Ordenslebens helfen sollten.

 

 

 

Alsbald, Don Ero war inzwischen selbst Abt des Monaste­rios geworden und führte ein Leben in Demut und Gottesfurcht, plagte ihn eine Frage: Wie sollte er sich die Gnade vorstellen, die ihn am Jüngs­ten Tag erwar­tet? Immer wieder bat er die Muttergottes, ihm einen Blick in die paradei­ischen Gefilde zu gewähren, doch dieser Wunsch blieb ihm verwehrt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Als er sich eines Tages in den Wald begab, um in der Ruhe der Pinien und Eichen Frieden zu finden, wurde er des Gesangs eines Vögleins gewahr, des­sen Lied von einer solchen Schönheit war, dass es sein Herz berührte. Er setzte sich auf einen Stein, um ihm zu lauschen. Erst als die Nacht die Welt bereits in Dunkelheit gehüllt hatte, kehrte er aus seinen Gedanken und zum Kloster zurück, dessen Tore verschlossen waren.

 

 

 

Als er an seine Pforten klopfte, um um Einlass zu ersuchen, erscien ein ihm völlig unbekannter Mönch, der ihn misstrauisch musterte. Verwirrt bat Ero ihn darum, nacheinem seiner Mitbrüder, deren Namen er einen um den anderen aufzählte, zu schicken, doch keiner dieser Ordensmänner war seinem Gegenüber bekannt.

Da begriff Ero, dass, seit er die Klostermauern zu seinem Spaziergang verlas­sen hatte, 300 Jahre vergangen waren; 300 Jahre, in denen die Jung­frau Maria ihm seinen Wunsch erfüllt hatte und ihn eines Zipfelchens der himmlischen Herrlichkeit hatte ansichtig werden lassen.

 

Ich werde nie wieder, „du Armentum, du blödes!“ brüllen können, ohne an diese nette kleine Geschichte zu denken.

Text: "Camino Portugués für Bauchfüßler"

Fotos: Wegweiser bald nach der Wegteilung Camino Portugués/Camino Espiritual

Armenteira

Streckenabschnitt Pedra e da Auga