13. Adventskalendertürchen

“Gib ihm Almosen Frau! Es gibt doch nichts traurigeres im Leben als ein Blinder in Granada zu sein”

(Ibn Zamrak)

 

 

 

 

Weil wir gestern schon ein Mudéjar-Hufeisenfenster hatten, möchte ich euch gerne heute auf eine für mich ganz besondere Route der spanischen Jakobswege hinweise, den Camino Mozárabe. Neben einer „kurzen“ Strecke von Malaga nach Córdoba gibt es eine Route, die von Almería rund um die Sierra Nevada und durch den „Wilden Westen“ nach Granada und dann über lange Strecken durch Olivenplantagen nach Córdoba führt – zwei Städte, die so von der maurischen Zeit geprägt sind, dass man sich manchmal wirklich versetzt fühlt ins Reich der Märchen aus 1001 Nacht. Auf dem Weiterweg wechselt man von Andalusien in die Extremadura mit seinen weiten Weideflächen und beeindruckenden Steineichen. Im römisch geprägten Mérida stößt der Camino Mozárabe auf die Via de la Plata.

 

Die von euch, die bereits die Alhambra besucht haben, werden verstehen, dass ich gar nicht erst versuche, ihren Zauber hier in irgendeiner Weise beschreiben zu wollen. Das geht einfach nicht. Man muss sie einfach selbst gesehen und gefühlt haben. Sie ist schlicht unbeschreiblich! ... Und unbeschreiblich viel besucht. Um die Touristenströme zumindest halbwegs im Zaum zu halten, muss man sich ganz dringend sehr, sehr, seeehr rechtzeitig um ein Eintrittsticket kümmern und genau die Uhrzeit beachten.

 

 

Ein Stückchen außerhalb Granadas liegt allerdings eine für Pilger nicht ganz unbedeutende Abtei:

 

Sacramonte

 

Dieser Stadtteil Granadas zieht sich mit nur einer Straße oberhalb des Flusstals des Darro hinauf zur Abadía del Sacramonte. Hier lebten tradi­tionell die Gitanos, Zigeuner, in Cuevas, Höhlen. Einige von ihnen sind nach wie vor bewohnt, einige kann man für die Ferien mieten, in anderen kann man Flamenco genau dort erleben, wo er geboren ist.

 

 

 

Gitanos

 

    Die ersten, so sagt man, kamen als Metall-Hand­werker mit den Truppen der Katholischen Könige nach Granada und hat­ten es zunächst auch noch relativ leicht … zunächst. Ihre Wahrsagerei und mutmaßliche Magie wollte die katholische Kirche allerdings nicht dulden. Sie wurden Opfer der Spanischen Inquisition, des Landes ver­trieben oder inhaftiert. 1783 lenkte König Carlos III. ein und erkannte sie als Spanier an, allerdings unter der Bedingung, dass sie sesshaft leben sollten. Heute sind etwa 5 % der Andalusier Gitanos.

 

Flamenco

 

  Über die Herkunft des Kastagnetten-Geklappers gibt es unterschiedliche Theorien, die alle nicht wirklich belegt werden können. Schließlich wird Flamenco getanzt und wer tanzt, bewegt sich zu schnell um aufzuschrei­ben, warum er es tut. Sicher ist: Die Wiege des Flamenco liegen in Andalu­sien und breitete sich im 19. Jh. dort aus. 1881 öffnete z. B. die erste Fla­menco-Bar in Sevilla. Und Flamenco ist ein Ausdruckstanz, der zwar Leich­tigkeit vermittelt, tatsächlich aber ziemlich anstrengend ist. Begleitet wird er von der Gitarre, oft auch vom Cajón, einer kistenähnlichen Trommel, natürlich den Kastagnetten und dem Geklacker nagelbeschlagener Schuhe. Ein absolutes Muss sind selbstverständlich die farbenfrohen Gewänder der Damen. In den Texten geht es – na klar! – um Liebe, Leid, Hoffnung und Tod – mal melancholisch im Flamenco Jonde, aber gerne auch mal im Flamenco Festero ausgelassen und voller Temperament. Unverwechselbar sind die muslimisch geprägten Melodien.

 

    Besonders in Sacramonte werden Shows angeboten, aber es gibt kaum eine Fiesta, die nicht dazu genutzt wird, ganz spontan die Röcke zu schwingen.

 

 

 

Abadía del Sacramonte

 

   In der Capilla de Santiago (dort endet die Führung) soll der Heilige Jakobus die erste christliche Messe in Spanien abgehalten haben. Außerdem soll ihm hier die Jungfrau Maria erschienen sein – sagt man hier jedenfalls (in Saragossa soll ihm Maria auch erschienen sein und seine erste Predigt soll er am Santiaguiño do Monte in der Nähe von Padrón gehalten haben …). Wie dem auch sei: Hier haben unsere Vorvorvorpilger ihren Segen erhalten.

 

Im Jahr 1595 wurden im Valparaíso genannten Hügel in den Santas Cuevas, Heilige Höhlen/Gräber, die Reliquien des San Cecilio, des Hesiquio sowie des Tesifonte gefunden, die zu den legendären Siete Varo­nes Apostólicos (s. S. xyz) zählen. Mit ihren Gebeinen entdeckte man die Plomos del Sacramonte, Bleibücher mit Inschriften aus der Zeit von Kaiser Nero. Im Jahr 1600 wurde ihre Echtheit im Konzil von Granada bestätigt, 1682 jedoch wurden sie allerdings vom Vatikan als Fälschungen erklärt. - Hm. Egal. Sie sind auf alle Fälle alt!

 

Das Langhaus der Kirche stammt aus dem 17. Jh. In seinem Altarretabel, das sich heimelig in die Apsis schmiegt und Blas Moreno (1743) zuge­schrieben wird, findet ihr auch den Apostel eurer Pilgerreise. Interessant sind auch die Seitenkapellen am Eingang des Gotteshauses: In der einen wird die Virgen de Sacramonte bzw. de las Cuevas, Jungfrau der Höhlen verehrt, ihr gegenüber findet ihr den Cristo de Los Gitanos, Christus der Zigeuner (1695), der im religiösen Leben der ganzen Stadt eine große und geliebte Rolle spielt.

 

Die im 17. Jh. eingerichtete Bibliothek umfasst mehr als 20.000 Bände über Philosophie, Religion, Geschichte und Literatur, darunter arabische Schriften, die Bleibücher sowie eine Karten von Granada von 1620.

 

Immer wieder begegnet man dem

 

 

 

'  Davidstern bzw. Siegel des Salomon, dem Symbol der Abtei.

 

    Dass er in der jüngeren Vergangenheit erst zum Brand­mark jüdischer Bürger und dann zum Symbol für die an ihnen begangenen Gräuel­taten gewor­den ist, ist uns sicher allen geläufig. Als jüdisches Zeichen ist er jedoch bereits im 7. Jh. v. Chr. belegt. Darüber hinaus spielt er in der christlichen Religion eine symbolträchtige Rolle: Seine sechs Spit­zen stehen für die sechs Schöpfungstage, die Mitte für den siebten, den Ruhetag, die beiden großen Dreiecke und ihre Verwobenheit symbolisiert die untrennbare Beziehung zwischen den Menschen (nach unten weisendes Dreieck) und Gott (nach oben weisendes Dreieck). Das Siegel des Salomon steht zudem als Zeichen christlicher Weisheit.

 

 

 

Och, und wo bleibt jetzt das Kuschelige aus dem Reich der Sagen und Legenden? – Hier isses!:

 

 

 

Oh, eins hab ich noch: In der Höhle Capilla de la Piedra befindet sich ein großer Stein und es heißt, wenn eine Frau ihn küsst, wird sie nach einem Jahr verheiratet sein! – Bitte bedenkt wohl, was ihr euch wünscht, es könnte in Erfüllung gehen!

 

 

 

Text: „Camino Mozárabe für Bauchfüßler“ (ab Feb. 2019)

 

Fotos: Traktor im Flussbett zwischen Finana und Huertezuela

 

Muqarna, Alhambra, Granada

 

Sacramonte

 

Abadía Sacramonte

 

Pforte zur Abadía