Das Gedächtnis ist so kurz und das Leben so lang!
(Honoré de Balzac)
Na, habt ihr eine gute Vorweihnachtszeit? Habt ihr an alles gedacht? Alle Geschenke gekauft, Gans oder Forelle vorbestellt, ...
Hihihi, ich sehe euch gerade denken: ‚Mann, Mann, Mann, jetzt kommt die aber mit Klischees!‘ – Ja, mit voller Absicht, denn ich möchte gerne heute mit euch durch Ponte de Lima schlendern und da spielen Gedächtnis und Erinnerungen eine nicht ganz unwichtige Rolle, zumindest im Land der Sagen und Legenden.
Aber erst einmal zur Stadt selbst:
Ponte de Lima
Ponte de Lima gilt als eine der ältesten Städte Portugals. Das liegt einerseits daran, dass das Gebiet schon während der Altsteinzeit besiedelt war, vor allem aber am Einzug der Römer ab dem 2. Jh. v. Chr. Die führten eine ihrer Handelsstraßen ein und bauten eine Brücke über den Fluss Lima, was aus einer Siedlung bald einen bedeutenden Ort machte. Ihnen folgten im 5. Jh. die Westgoten. Unter den Mauren sank die Bevölkerungszahl rapide ab. Erst die Neubesiedlung während der Reconquista hauchte Terra de Ponte, wie es zu jener Zeit hieß, neues Leben ein. Königin Theresia von León verlieh ihm 1125 erstmals, noch unter spanischer Flagge, das Stadtrecht, das der portugiesische König Dom Alfonso IV. O Bravo, der Kühne, 1212 bestätigte. Als Grenzstadt war Ponte de Lima nicht unumkämpft, vor allem darum nicht, weil die einst von Römern erbaute Brücke die einzige sichere Möglichkeit war, den Fluss zu überqueren. Im 14. Jh. ließ Dom Pedro I. O Cruel oder O Justiceiro (der Gerechte oder der Grausame - das kam wohl auf den Standpunkt an) diese, der Fluss hatte im Laufe der Jahrhunderte sein Bett verlegt, verlängern und den Ort mit neuen Stadtmauern und neun Toren befestigen, die im 18. Jh. ausgedient hatten und größtenteils abgetragen wurde.
So viel zur Geschichte, aber es gibt auch ganz viele kleine, schöne Geschichtchen um diese Stadt. Eine davon dreht sich um die
Römerlegion am Fluss
Ponte de Lima ist stolz auf seine römische Geschichte, die mit einer Legende begann – ein bisschen die des River of no Return der Erinnerung:
Die ach so furchtlosen Römer hatten sich von Rom bis Nordportugal durchgeschlagen und sahen sich nun diesem Fluss gegenüber, von dem sie überzeugt waren, dass es sich um den Lethe handelte, den mythischen Fluss des Vergessens. Vergessen ist schön und gut, wenn man ins Totenreich übertritt, aber so mitten im Leben … Gut, die eine oder andere kleine Sünde … joa, aber doch bitte nicht alles! Jedenfalls stellten sich die Soldaten bocksbeinig und weigerten sich standhaft, auch nur einen Zeh in dieses Wasser zu strecken. Das brachte den Hauptmann Decimus Iunius Brutus in arge Bedrängnis, denn es half nichts, sie mussten auf die andere Seite. Da hatte er eine Idee: Er würde sich, so verkündete er, als Versuchskaninchen ins Wasser werfen und zum Beweis, dass er seiner sieben Sinne und seines Erinnerungsvermögens weiter mächtig war, jeden einzelnen seiner Soldaten beim Namen rufen. Und siehe da, es funktionierte: Sie überquerten den Fluss und die einzige Veränderung, die sie heimsuchte, war, dass sie hochrote Ohrläppchen bekamen, weil sie beim Ausprobieren ihrer Erinnerung auf Dinge stießen, die sie nur zu gern vergessen hätten.
Auf Höhe der Igreja Matriz findet man die Bronzeplastik eines Stieres:
Vaca as Cordas
Das ist das, was Sanfermines für Pamplona ist – allerdings nicht ganz so wild, denn es sind nicht mehrere Stiere, sondern nur einer, und der wird auch nicht gejagt, sondern an einem Strick durch die Stadt geführt. Allerdings kann man auch hier seinen „Mut“ beweisen, indem man ihm so nah wie möglich kommt und ihn so viel wie möglich reizt. Erstmals erwähnt wird dieses Spektakel 1646 und beruht auf der Legende, dass hier ein heidnischer Tempel einer Göttin in Kuhgestalt geweiht war. Als Christen den Tempel zur Kirche umfunktionierten, holten sie das Götzenbild heraus, umrundeten mit ihm dreimal das Heiligtum und trugen es dann durch die Straßen. Noch heute muss der Stier, nachdem er mit Rotwein geduscht worden ist, drei Runden um die Kirche drehen.
Text: "Camino Portugués für Bauchfüßler"
Fotos: Auf dem Weg nach Ponte de Lima
Römerlegion am Fluss
Vaca as Cordas