11. Adventskalendertürchen

Das Gedächtnis ist so kurz und das Leben so lang!

(Honoré de Balzac)

 

Na, habt ihr eine gute Vorweihnachtszeit? Habt ihr an alles gedacht? Alle Geschenke gekauft, Gans oder Forelle vorbestellt, ...

 

Hihihi, ich sehe euch gerade denken: ‚Mann, Mann, Mann, jetzt kommt die aber mit Klischees!‘ – Ja, mit voller Absicht, denn ich möchte gerne heute mit euch durch Ponte de Lima schlendern und da spielen Gedächtnis und Erinnerungen eine nicht ganz unwichtige Rolle, zumindest im Land der Sagen und Legenden.

 

Aber erst einmal zur Stadt selbst:

 

Ponte de Lima

Ponte de Lima gilt als eine der ältesten Städte Portugals. Das liegt einerseits daran, dass das Gebiet schon während der Altsteinzeit besiedelt war, vor allem aber am Einzug der Römer ab dem 2. Jh. v. Chr. Die führten eine ihrer Han­delsstraßen ein und bauten eine Brücke über den Fluss Lima, was aus einer Siedlung bald einen bedeutenden Ort machte. Ihnen folgten im 5. Jh. die Westgoten. Unter den Mauren sank die Bevölkerungs­zahl rapide ab. Erst die Neubesiedlung während der Recon­quista hauchte Terra de Ponte, wie es zu jener Zeit hieß, neues Leben ein. Königin Theresia von León verlieh ihm 1125 erstmals, noch unter spanischer Flagge, das Stadtrecht, das der portugiesische König Dom Alfonso IV. O Bravo, der Kühne, 1212 bestätigte. Als Grenzstadt war Ponte de Lima nicht unumkämpft, vor allem darum nicht, weil die einst von Römern erbaute Brücke die einzige sichere Möglichkeit war, den Fluss zu überqueren. Im 14. Jh. ließ Dom Pedro I. O Cruel oder O Justiceiro (der Gerechte oder der Grausame - das kam wohl auf den Standpunkt an) diese, der Fluss hatte im Laufe der Jahr­hunderte sein Bett verlegt, verlängern und den Ort mit neuen Stadtmauern und neun Toren befestigen, die im 18. Jh. ausgedient hatten und größtenteils abgetragen wurde.

 

So viel zur Geschichte, aber es gibt auch ganz viele kleine, schöne Geschichtchen um diese Stadt. Eine davon dreht sich um die

 

Römerlegion am Fluss

 

Ponte de Lima ist stolz auf seine römische Geschichte, die mit einer Legende begann – ein bisschen die des River of no Return der Erinne­rung:

 

Die ach so furchtlosen Römer hatten sich von Rom bis Nordportugal durchgeschlagen und sahen sich nun diesem Fluss gegenüber, von dem sie überzeugt waren, dass es sich um den Lethe handelte, den mythischen Fluss des Vergessens. Vergessen ist schön und gut, wenn man ins Toten­reich über­tritt, aber so mitten im Leben … Gut, die eine oder andere kleine Sünde … joa, aber doch bitte nicht alles! Jedenfalls stellten sich die Solda­ten bocksbeinig und weigerten sich standhaft, auch nur einen Zeh in die­ses Wasser zu strecken. Das brachte den Hauptmann Decimus Iunius Brutus in arge Bedrängnis, denn es half nichts, sie mussten auf die andere Seite. Da hatte er eine Idee: Er würde sich, so verkündete er, als Versuchs­kaninchen ins Wasser werfen und zum Beweis, dass er seiner sieben Sinne und seines Erinnerungsvermögens weiter mächtig war, jeden einzelnen seiner Soldaten beim Namen rufen. Und siehe da, es funktionierte: Sie überquerten den Fluss und die einzige Veränderung, die sie heimsuchte, war, dass sie hochrote Ohrläppchen bekamen, weil sie beim Ausprobieren ihrer Erinnerung auf Dinge stießen, die sie nur zu gern vergessen hätten.

 

Auf Höhe der Igreja Matriz findet man die Bronzeplastik eines Stieres:

 

Vaca as Cordas

 

Das ist das, was Sanfermines für Pamplona ist – allerdings nicht ganz so wild, denn es sind nicht mehrere Stiere, sondern nur einer, und der wird auch nicht gejagt, sondern an einem Strick durch die Stadt geführt. Aller­dings kann man auch hier seinen „Mut“ beweisen, indem man ihm so nah wie möglich kommt und ihn so viel wie mög­lich reizt. Erstmals erwähnt wird die­ses Spektakel 1646 und beruht auf der Legende, dass hier ein heidnischer Tempel einer Göttin in Kuhgestalt geweiht war. Als Christen den Tempel zur Kirche umfunktionierten, hol­ten sie das Götzenbild heraus, umrun­deten mit ihm dreimal das Heilig­tum und trugen es dann durch die Stra­ßen. Noch heute muss der Stier, nachdem er mit Rotwein geduscht wor­den ist, drei Runden um die Kirche drehen.

 

Text: "Camino Portugués für Bauchfüßler"

Fotos: Auf dem Weg nach Ponte de Lima

Römerlegion am Fluss

Vaca as Cordas