Manchmal ist der direkte Weg nicht unbedingt der schönste und ein paar Schritte mehr lohnen sich wirklich!
Auf dem Camino Primitivo z. B. gibt es eine Wegvariante, die sich noch in Oviedo von der eigentlichen Route trennt:
Naranco
Ich möchte euch gerne verführen, einen kleinen Umweg von 1,1 km über Naranco zu machen und die beiden präromanischen Kirchlein Santa María und San Miguel de Lillo zu besuchen, die einfach nur schön sind! Beide gehören seit 1985 zu den UNESCO Kulturdenkmälern.
Diese Anhöhe am Hang des Monte Naranco gefiel schon den Römern so gut, dass sie dort Thermen installierten. Ramiro I. (842 bis 850, ihm wird der Sieg in der legendären Schlacht von Clavijo zugeschrieben) wählte diesen Ort für seine Sommerresidenz, bestehend aus einem Belvedere mit Regierungsräumen, einer Palast-Kapelle, Wohn-, Bade- und Nebengebäuden. Bis heute erhalten sind allerdings nur zwei Palastteile, nämlich eben diese beiden Gotteshäuser.
⌛ 01.04. – 30.09. Di. – Sa. 9.30 – 13.00/15.30 – 19.00 (Führungen in Spanisch; Ticket-Verkauf und Treffpunkt an der Kirche Santa Maria), So./Mo. 9.30 – 13.00 abwechselnd im Halbstundentakt ohne Führung, 3,-- €.
Zu ihnen geht ihr links vom Bahnhof vorbei am
Acueducto de los Pilares
Von den 1570 – 1599 errichteten 42 Bögen, die die Stadt bis 1864 auf einer Länge von 390 m und mit einer Höhe von 10 m mit Wasser vom Monte Naranco versorgten, blieben leider nur diese fünf erhalten; der Rest wurde 1915 abgerissen. Finanziert wurden die Baukosten von 15.500 Dukaten übrigens aus Steuern auf Wein und Sidra.
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Die riesige Figur ganz oben auf dem Berg ist Christo del Naranco, eine 35 m hohe Jesus-Statue, die die Stadt Oviedo symbolisch umarmt.
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Und jetzt wünsche ich euch ganz viel Spaß beim Gucken und Fühlen!
Santa María del Naranco
Der 20 m x 6 m große Bau aus Quader- und Bruchsteinen war einst, ihr erratet es sicher an den drei Arkadenbögen der Loggia mit Blick ins Tal, das Belvedere der Palastanlage. Während man sich unten in der heutigen Krypta wahrscheinlich mit der Körperreinigung beschäftigte, wurde der obere Bereich für repräsentative Zwecke genutzt.
Erst als die eigentliche Palastkirche San Miguel de Lillo bei einem Erdrutsch im 12. oder 13. Jh. schwer beschädigt wurde, wurde das Gebäude zu einer Kirche umfunktioniert und Maria geweiht. Beachtet innen neben dem von Gurtbögen getragenen Tonnengewölbe und dem Altar in der Loggia vor allem auch die sehr ziselierten Steinmetzarbeiten an den Kapitellen, in den Zwickeln zwischen den Bögen und den Medaillon-Dekorationen mit Darstellungen von Vögeln, Löwen und Personen, umrahmt von sogenannten Taubändern (weil sie aussehen, wie Seile).
Mit der Straße oberhalb nach links kommt ihr mit wenigen Schritten zu
San Miguel de Lillo.
Vom diesem Gotteshaus habe ich sogar ein ganz genaues Datum gefunden: Sie wurde als Palast-Kapelle ursprünglich der Maria geweiht und zwar am „neunten Tag der Kalenden des Juli der spanischen Ära 886“ – so, jetzt wisst ihr Bescheid. Nein? – Na gut, das war der 23. Juni 848 nach unserer Zeitrechnung. Sie galt als die schönste und vollkommenste Kirche Spaniens und besaß als absolutes Novum keine Holz- oder Ziegeldecke, sondern ein richtiges Steingewölbe. Durch den Erdrutsch blieb von dem ehemals dreischiffigen Bau nur ein Drittel (westlicher Vorbau mit Eingangsportal und vorderem Teil des Langhauses). Nach ihrer Instandsetzung wurde sie dem Heiligen Michael gewidmet (den Platz der Marienkirche hatte ja inzwischen das ehemalige Belvedere eingenommen).
Schaut euch hier ein bisschen genauer die wunderschönen Mudéjar-Fenster mit Ornamenstruktur, Transennen, an!
Ich finde beide Kirchen unfassbar schön! Echte Halsknödelorte!
Als ich in diesem Jahr erneut dort war, hätte ich mir zu gerne einen Stempel geben lassen (das hatte ich bei meinem ersten Besuch dort vor lauter fühlen vergessen). Leider gibt es keinen, dafür aber die Aufklärung des Führers, dies sei ja nicht der Camino, und den Hinweis, ich müsste wieder nach Oviedo zurückgehen.
NEINNEINNEIN!!!!! Das muss Pilgerlein nicht! Es gibt eine Route, die führt quasi rechts ein bisschen oberhalb parallel zum Camino und trifft die gelben Pfeile an der Capilla del Carmen wieder und da gibt es auch einen Stempel!
Text: "Camino Primitivo für Bauchfüßler"
Fotos: Naranco