Santiago

Santiago. Da hab ich ein Zimmer für mich alleine mit einem Bett für mich alleine ganz mit ohne jemandem über mir,  unter mir oder neben mir und - Aaachtung! - eine Bettdecke ... und kann nicht schlafen. Diese blöde Decke ist so fremd und so ... Nee,  das geht gar nicht! Also wusele ich mitten in der Nacht doch noch meinen Dasistmeinbettschal und meinen Schlafsack heraus.  Ich weiss ja,  Thea schläft quasi nur durch eine Wand von mir getrennt, also ist da ja doch jemand neben mir und das ist schön,  so schön,  dass ich ...

 

Aufwachen,  in Ruhe duschen und ab in den deutschen Gottesdienst.  Ich bin auch nur ganz wenig zu spät. 

Frühstück.  Ich bin total überfordert.  Da gibt es Brot zum Rösten und zum Überrösten und Wurst und Käse und Marmelade (tienen usted Nutella? - Nutella no. - Also Kinders, das muss aber geändert werden. Das geht sonicht,  Frühstück mit ohne Nutella!) und Obst und Joghurt und Kuchen und so viel und Kaffee und Orangensaft und ... Da weiss man gar nicht,  was man haben will.  Ich hatte in der ganzen Zeit glaube ich einmal Frühstück auf spanisch: Kaffee und süsse Teilchen aus Zellophan. Das war es. Natürlich w\re das auch anders gegangen, aber ich bin kei Frühesser und für mich warcdas auch alles völlig in Ordnung so.  Ich bin halt jetzt hier nur einfach sin bisschen überfordert. 

Dann gehe ich zur Franziskuskirche, um mir dort meine Urkunde zu holen,  und treffe da Andrea wieder. Ist das schön.  Manche Menschen muss man gar nicht lange kennen,  um sie mitzunehmen.  Manchmal geht das ganz schnell.  Bei anderen dauert es vielleicht ein bisschen länger.  Bei Thea ist das z.  B.  so.  Und das kan ich hier auch gut schreiben,  weil sie ist mir schon so lange so lieb,  dass wir beide gemeinsam schallend darüber gelacht haben,  wie suspekt sie mir anfangs war. 

Und dann will ich mir eigentlich schon ein Plätzchen in der Kathedrale zum Gottesdienst suchen und platze mitten hinein in den vorher.  Eigentlich habe ich es ja gewusst,  dass um 10.00 Uhr auch Messe ist,  aber mein Hirn hat wohl beschlossen,  diese Tatsache einfach zu ignorieren ... was den Vorteil hat,  dass ich so den Flugkessel schon mal fliegen sehe

Dann suche ich mir ein Plätzchen für die Pilgermesse. Irgendwie hatte ich gehofft,  dass wir alle zusammensitzen können,  aber d as ist heute absolut unmöglich.  Na klar,  es ist Pfingsten und es ist ja auch jeder ein bisschen gerade mit sich selbst beschäftigt und der eine hier und der andere da und ich hab ja auch ein bisschen mit mir selbst zu tun und schrubbel an meinem Stein herum.  Als ich ihn fand, war er ganz kantig und hart.  Entweder ich hab mich an die Knupfen gewöhnt oder ich hab ih wirklich so oft in der Hand geknubbelt,  dass er ganz weich geworden ist. Ich wollte ihn eigentlich ablegen, wenn ich meine Compostela bekommen habe,  aber weil mein Wunsch nur von einem bestimmten Menschen erfüllt werden kann,  habe ich beschlossen,  ihn doch mitnach Hause zu nehmen und diesem Menschen diesen Stein in die Hand zu drücken. Ich weiss nicht,  ob das etwas bringt, aber ich würde nur zu gerne auch über glühende Kohlen laufen. Mein ganzer Weg steckt in diesem Stein.

Aber dann brauche ich gar nicht lange zu warten,  denn dieser Gottesdienst beginnt schon um 11.30 Uhr und damit,  dass ein Herr mit lila Mützchen und Bodyguard an mir vorbei läuft.  Ich sitze genau richtig!  Dann dauert es noch ein paar kurze Minuten (ich glaube,  da hat der Chor dann schon ein Liedchen geträllert,  aber ich weiss es gar nicht mehr so genau) (aber spätestens spät ER hat der Chornoch ganz oft gesungen und das klang so schön! ) (hihihi,  ich kriege gerade noch einmal Gänsebobbel rungherum! ), dann wird das Heilige Jakobchen mit galizischer Musik einmal rundherum und an mir vorbeigetragen, als er genau neben mir steht, wird der Topf geschwungen und die Mütze,  die der Herr jetzt trägt,  erkenne sogar ich: das ist der Nikolaus!

Neinneinnein,  ich weiss schon,  dass das der Bischof ist.  Na also,  sooo daneben bin ich ja jetzt auch wieder nicht und das mit dem Nikolaus ist mirnur gerade rechtzeitig in den Kopf gefahren,  so als Notausgang defür,  dass ich das,  dass ich über eine Stunde lang völlig neben mir war,  ein bisschen nicht so dramatisch machen muss.  Da reicht es,  wenn ich sage,  dass ich hinterher einfach nur noch eine Rosine war,  ein bisschen grösser und speckiger und nicht so suess, aber genau so trocken von innen heraus. 

Ja nun,  wenn ich daherkomme,  dann ist das ja auch das Mindeste,  dass man das Heilige Jakobchen an mir vorüberträgt und der Bischof die Messe hält und der Chor schmettert.  Und dass dann auch noch Firmung ist,  finde ich besonders nettvden Firmlingen gegenüber,  dass die jetzt sagen können,  dass ICH bei ihrer Firmung dabei war. Das können nicht viele (bei meiner Firmung hat es den Bischof so vor mir gegruselt,  dass er vor Grauen kurfristig erkrankte und ich ohne Nikolaus gefirmt wurde).

Danach dauertbes ein Weilchen,  bis wir uns jeder für sich und alle miteinander wieder eingekriegt haben,  aber dann gibt es lecker Habbischlappi und vor allem Flüssigkeitsersatz. Unser letztes gemeinsames Essen. Und dann kommt der Abschied. Und danach ... Ich glaube,  für die Wirte in Santiago ist der Tag, an dem ich da bin,  immer der Tag mit dem meisten Umsatz im Jahr,  weil ich ständig meinen Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung bringen muss. 

Und weil ich gerade so schön dabei bin,  gehe ich noch einmal zur Franziskuskirche,  weil es da so schön ruhig war und so schöne Musik.  Na klasse.