Silke und ich, wir sind heute beide schief drauf. Irgendwie fehlt heute einfach jemand. Ich fruehstuecke noch, waehrend Silke schon mal voraus geht, um irgendwann festzustellen, dass sie ihre Stoecke in der Herberge vergessen hat. Schlussendlich sitze ich schon ganz entspannt in einem Cafe in Virgen del Camino, als sie angestupselt kommt.
Wir beschliessen, dass wir den kuerzeren Weg an der Strasse entlang gehen und nicht ueber Villar de Mazarife. Heute ist Sonntag, da werden ja wohl nicht soooo viele haessliche Autos unterwegs sein, es hat alle Nase lang einen Ort mit hoffentlich einer Bar und wir schaffen es so ein bisschen mehr vielleicht bis nach Hospital de Orbigo. Dann koennen wir morgen gemuetlich einen Nachmittag gemeinsam in Astorga vertroedeln, bevor ich mich dann auch von ihr verabschieden muss, weil sie uebermorgen von da den Bus wieder nach Hause nimmt.
Aber, Kinders, ist dieser Weg haesslich! Heideroeslein! Nein, das sollte man sich wirklich nicht antun: Es ist laut, ganz viele Autos haben gehoert, dass wir heute hier unt erwegs sind, und wollen uns bewundern, auch Laster, es stinkt nach Autoabgasen und Staub und .... Uuuuuh!
Ich glaube es ist in San Miguel, dass wir an einem ganz lieben Tisch vor einem Haus vorbeikommen, auf dem dem Pilger neben einem Stempel Kekse und Bonbons angeboten werden. Das sieht so lieb aus! Wir druecken uns den Stempel in unsere Credencials und bedienen uns nur zu gerne an den Bonbons ... da oeffnet sich die Haustuere und es kommt auf uns zu ein aelterer Herr mit einer Hose - Heideroeslein! Also als Pilger ist man ja nun auch nicht immer wie aus dem Ei gepellt, aber diese Hose ist ... Uuuuuh! Er langt mit vollen Haenden in die Bonbons und drueckt sie uns in die Hand und obendrein ... .... ... ein ... ... ... Kuesschen auf die Wange. Wir wissen gar nicht, wie wir am schnellsten fluechten koennen, bedanken uns freundlich und rennen, was unsere Fuesse hergeben. Kaum sind wir in sicherer Entfernung, kommen meine Feuchttuecher zum Einsatz und an der naechsten Bar waschen wir unsere Gesichter und entsorgen alles, was er uns in die Haende gedrueckt hat!
In San Martin del Camino halten wir noch einmal in der Bar der Herberge an und Silke bittet die Herbergs"mutter", fuer uns in der Herberge in Hospital anzurufen und dort zwei Betten fuer uns zu reservieren. Ich dachte eigentlich: Na gut, ob das jetzt wirklich notwendig ist? Ist es! Es sind die beiden letzten Betten in dieser Herberge und ab sofort ist completo.
Silke ist trotzdem unruhig und geht schon mal los. Ich glaube, anders ist dieser Weg auch nicht zu ueberstehen als getrennt und jeder fuer sich so schnell wie moeglich und mit Stoepseln in den Ohren.
8 km - ich zaehle jeden Strassenpfosten, 20 davon sind 1 km und 20 sind ganz schoen viel!
Irgendwie krauchel ich mich aber durch, aber fragt nicht, wieviel Koerper ich habe, als ich endlich ueber die Bruecke schleiche! Heideroeslein! Der Schmerz faengt unten an und hoert irgendwo ueber mir auf. Aber ich habe es geschafft und werde mit "Andrea?" in der Herberge begruesst (zum Reservieren muss man immer einen Vornamen angeben). Hihihi, irgendwie ist das schon nett, wenn man ankommt und mit Namen begruesst wird. Aber noch netter ist, wenn man ein Bett bekommt ... auch wenn das in gefuehlten 5 m Hoehe liegt. Ich gucke in schwindelige Hoehen und denke: OK, und wie komme ich da rauf? Oben denke ich: OK, ich will hier nicht sein. Und dann: OK, und wie komme ich wieder runter? - Fragt nicht! Silke wuerde mich am liebsten Filmen, aber Hallo! Das WILL niemand sehen!
Weil wir beide ziemlich leergegessen sind, goennen wir uns heute ein Pilgermenue im engsten Kreis an einem grossen Tisch mit ganz vielen anderen Mitlaeufern - auch ganz vielen, die ich bis daher nicht gekannt habe. Ich krieg langsam Panik, denn ob ich mir jetzt wirklich alle Namen merken kann?
Oh, und soll ich euch noch etwas sagen? ICH HABE HEUTE EINEN SONNENBRAND BEKOMMEN!!!!!! IST DAS COOOL??????????