Heilige Statistik

So, genug der wohlklingenden Worte, her mit der nackeligen Realität und erschütternden Statistiken. Nein, nein, da kommt ihr nun auch nicht drum herum. Ihr habt meine Begeisterung genossen, jetzt ist Schluss mit kuschelig. Hallo! So ist das Leben! Und das Pilgerleben überhaupt!

An der Ticketausgabe zur himmlischen Ewigkeit wurden verzeichnet:

2009: 120.605 Zweifüßler (dazu 24.892 Radler, 341 Reiter und 39 Rollstuhlfahrer),

2010: 238.032 Zweifüßler (dazu 32.933 Radler, 1.321 Reiter und 42 Rollstuhlfahrer)

            (heiliges Jahr; ich denke, dass da ganz viele 100-km-Pilger dabei waren)

2011: 150.208 Zweifüßler (da waren wir dabei!) (dazu 29.188 Radler, 491 Reiter und 32 Rollstuhlfahrer).

So, und jetzt rechnen wir mal ein bisschen:

Wenn man die gesamte Pilgerzahl von 2011 (es waren ja auch alle auf dem Weg und diese Zahl steht so heimelig zwischen allen Pilgern von 2011 und den nur Blasenfüßlern  in 2010) durch 360 Tage im Jahr (jaja, ich weiss, es hat 365 Tage, aber 360 ist für so einen mathematischen Nichtskönner wie mich einfach leichter zu rechnen) teilt (dividierd - ja, muss ich doch mal zeigen, dass ich doch ein bisschen Ahnung habe) (zumindest was die Ausdrücke angeht), sind das täglich 500 himmelsgierige Menschen, die ihre Compostela erkrabschen. Diese Zahl schiebt sich ein bisschen hin und her, weil im Winter ja weniger gehen, als im Sommer, und nicht alle den ganzen Weg abhumpeln, aber unter dem Strich bleibt sich das eigentlich gleich: Es sind auf alle Fälle eine ganze Menge!

Ich habe einen Artikel gefunden, in dem es heißt, dass zwischen Roncesvalles (also dem ersten Ort auf spanischem Boden) und Stantiago 2010 für die Herbergsschnurchler 10.645 Schlafplätze in 242 Herbergen bereit standen (die Zahl habe sich in den vergangenen Jahren um 53 % erhöht) 

10.645 Schlafplätze hört sich doch gut an, oder? Ist es aber nicht. Rechnet doch mal: Von Roncesvalles aus bis zur Garantie auf ewige himmlische Glückseligkeit sind es 765 km. Teilt man die durch durchschnittliche 25-km-Etappen und lässt auch mal einen guten Tag dabei sein, verbringt man 30 Tage auf Schusters Rappen. An jedem dieser 30 Tage kommen rund 500 Pilger an und stürmen in die gleiche Richtung. Das sind also (hups, jetzt brauche ich noch ein paar Finger) 15.000 watschelnde Rucksackträger die sich täglich um diese Betten prügeln. Und schon fehlt etwas, oder? Genau! Es fehlen  (oje, jetzt mag ich aber gleich nicht mehr; mein Hirn dampft ja schon!) 4.355 Betten (also 145 pro Etappe).

 

Meine Lieben: Ich habe noch nicht ermüdete Pilgerchen schon um 11.00 Uhr morgens vor einer Herberge sitzen sehen, aus Angst, sie könnten kein Bett mehr kriegen. Hallo! Da sind die beblasten Füßlein noch gar nicht richtig warm gelaufen! Ein noch ganz junger Mitwatschler aus Deutschland hat das für mein Gefühl in genau die richtigen Worte gepackt: Ab etwa 12.00 Uhr mittags (high noon) fängt er an, in den anderen nicht mehr die Pilger zu sehen, sondern den Feind im Kampf um eine Schlafstätte. Tut mir leid, aber er hat mir da voll und ganz aus dem Bauch geschossen.

Hihihi, und teilt man diese durchschnittlichen 25 km pro Tag durch die 500 Pilger, dann entsteht zwischen jeweils einem Füßepaar ein Abstand von exakt 50 m. Na, da ist man doch schön einsam und hat alle Muse, in sich zu gehen! Lacht nicht! Wenn ich ständig jemanden vor und hinter mir habe, dann bleibt mir doch gar nichts anderes übrig, als den Blick nach innen zu richten, wenn ich endlich mal KEINEN Rucksack sehen will!

Oh, natürlich gibt es auch eine Statistik über den Geldbeutel: Eine Übernachtung in der Herberge kostet im Durchschnitt wohl 6,50 €. Es gibt zwei Herbergen, die mehr als 10,-- € nehmen (das ist wohl die der lieben Senora in Rabé de las Calzadas und die von Don Camino, in denen man reichlich und lecker bekocht wird; für die in Vega de Valcarce hat man wohl nur den Bettenpreis genommen und nicht berücksichtig, dass man da unbedingt ein Essen dazu zahlen muss). Ganz viele Herbergen, gerade die Besondersten unter den Besonderen (Granon, Logrono, San Nicolás und Bercianos) bitten nur um eine Spende (bekochen ihre Gäste aber ebenso reichlich und lecker).  

Euch schwirrt der Kopf von den vielen Zahlen? Na gut, ich hab auch keine mehr.