8. Adventskalendertürchen

„Siete Igrexas y siete Monasterios y siete Puentes en siete Ríos caudalosos e siete Hospi­tales“

Der Camino Inglés ist mit 120 km der kürzeste Jakobsweg in Spanien – eine tolle Gelegenheit zum Schnupperpilgern oder den schnellen Camino zwischendurch. Und er steckt voll schöner Sagen und Legenden. Eine davon gehört zu Ponte do Porco zwischen Pontedeume und Betanzos.

 

Vorausschicken muss ich allerdings, wer die Andrades waren:

 

 

Andrade

Ursprünglich Vasallen wurde die Familie mit Juan Freyre de Andrade unter den Trastámaras im 14. Jh. in den Grafenstand erhoben und reihte sich bald unter den einflussreichsten Galiciens ein. Besonders Fernán Pérez de Andrade (um 1330 – 1397), Liebhaber der Dichtkunst, begeister­ter Jäger, geschwinder Reiter in der Schlacht sowie Mäzen und Schützer der Kirche … ging zur Not für Geld und Macht auch mal über Leichen. Besonders lukrativ war die von Pedro I. von Kastilien, nach dessen Tod er als rechte Hand von Enrique II. große Macht und die Ländereien u. a. von Ferrol, Ponte­deume und Betanzos erhielt. Unter seinem Volk hingegen, das ihn liebevoll O Bóo oder El Bueno (der Gute) nannte, galt er als sehr beliebt und großer Wohltäter. Seine Bauwerke, gut zu erkennen an einem Wild­schwein, das ein Kreuz auf seinem Rücken trägt, prägen noch heute das Bild des Teils von Galicien, das wir durchpilgern. „Siete Igrexas y siete Monasterios y siete Puentes en siete Ríos caudalosos e siete Hospi­tales“ – sieben Kirchen, sieben Klöster, sieben Brücken über sieben was­serrei­che Flüsse und sieben Hospitals wollte er errichten. In seine Fußstapfen stieg im 15 Jh. ein wei­terer Fernán Pérez de Andrade, der aber unter dem Spitz­namen O Mozo (der Junge) bekannt wurde und u. a. den Bau der Santi­ago-Kirche von Ponte­deume in Auftrag gab.

 

So, jetzt wutschen wir aber endlich ins Land der Sagen und Legenden, je Herzschmerz desto lieber!

 

 

So klein dieses Fischerdörfchen ist, so hat es doch seine eigene Legende:

Don Nuño Freire de Andrade, Bruder von Fernán Pérez, hatte eine Tochter namens Teresa, die mit ihrem Liebreiz und ihrer Schön­heit alle Herzen gewann. Wo eine holde Maid ist, ist ein passender Verehrer freilich nicht weit: Zu Don Nuños Gefolgschaft gehörte Roxin Roxal, ein junger Adliger, den alle wegen seiner frech-fröhlichen Art schätzten – so auch Don Nuño, der ihn zum Zeichen seiner Anerkennung mit einem silbernen Dolch bedachte. Jedoch wurde dieser zusehends bedrückter und zog sich mehr und mehr zurück – in sich und auf die Spitze eines Burgturms, von wo er stundenlang auf die Ría starrte und vor sich hin schmachtete. So fand ihn Teresa und auf ihre Frage nach dem Grund für seine Melancholie gestand er ihr seine Liebe. Sie wurden ein Pär­chen und trafen sich von Minute an heimlich in diesem Turm.

Don Nuño entging diese Liebelei nicht. Allerdings hatte er sich für seine Tochter eine bessere Partie erhofft. Er schob der Romanze einen Riegel vor und verheiratete sie kurzerhand mit Don Enrique Osorio, der aus einer der be­rühmtesten Familien Galiciens stammte. Roxin Roxal blieb zunächst mit ge­brochenem Herzen auf der Feste, doch als er gar nicht damit aufhören wollte, kummervoll auf das Brautgemach zu starren, wurde er der Burg ver­wiesen.

Auch Teresa war nicht glücklich, zumal ihr Gemahl eine große Leidenschaft hatte … die allerdings weniger ihr als vielmehr der Jagd galt.

Nun fügte es sich, dass ein monströser Keiler sein Unwesen trieb. Um ihm den Garaus zu machen, blies Don Nuño zur  Jagd, an der freilich auch Don Enrique teilnehmen wollte. Und weil er jetzt die Gelegenheit gekommen sah, seiner Gemahlin zu zeigen, was für ein Held er war, lud er sie ein, von einer ver­meintlich sicheren Brücke Zeugin seines Triumphs zu werden. Allerdings hatte er die Rechnung ohne das Schwein gemacht. Der Keiler durchbrach sämtliche Linien und stürmte auf die Brücke. Don Enrique schoss noch einen Pfeil nach ihm ab, doch der traf ihn nur an der Flanke und machte ihn noch wilder. In seiner Kühnheit suchte Don Enrique  sein Heil in einem beherzten Sprung über die Brüstung und während er im Wasser planschte, fand Teresa in den Hauern des nun endgültig völlig durchgedrehten Borstentiers den Tod.

Die Kunde über die Feigheit des Don Enrique verbreitete sich wie ein Lauf­feuer und wurde bald an allen Kaminen erzählt. Einige Tage später fand man den Keiler tot auf der Brücke, im Herzen den silbernen Dolch, den Roxin Roxal einst von seinem Herrn geschenkt bekommen hatte.

 

– Hach!

 

 

Übrigens und als Anmerkung am Rande für die, die über meine schlechte spanische Rechtschreibung stolpern:

Hauptwörter werden im Spanischen klein geschrieben. Spanische Haupt­wörter in einem deutschen Text klein geschrieben tun allerdings einfach den Augen weh und sind total verwirrend. Darum lasse ich diese Regel Regel sein.

 

 

 

 

Text: „Camino Inglés für Bauchfüßler“

Fotos: Auf dem Weg nach Neda

Sarkophag von Fernán Pérez de Andrade, Igrexa de San Francisco, Betanzos

Schwein mit Kreuz auf dem Rücken, Ponte do Porco