Nach dem Kladderadatschtag gester, bin ich in absoluter Hochstimmung. Ich bin soooo entspannt, eigentlich ist Weiterlaufen da völlig fehl am Platz. Wir bekommen ein - naja, sagen wir mal - typisch spanisches Frühstück mit kleinensüssen Teilchen aus Zellophantütchen und Cornflakes (ich esse sonst nie Cornflakes, aber hier subbel ich sogar noch die letzten Krümelchen und Bröckelchen aus der Schüssel und kann gar nicht genug davon bekommen! ) und Kaffee und Saft und Milch und.... Die sind so zuvorkommend und lieb jnd aufmerksam hier, das ist voll der Hammer!
Weiterlaufen - dieses Wort ist irgendwiebeh völlig fehl am Platz, weil laufen kann man das, was ich tue, beim besten Willen nicht nennen. Ich bleibe alle dreinSchritte stehen und bin ganz hin und weg von der Schönheit dieser Welt. Also nicht, dass der Weg jetzt so schön wäre - alsoner ist schon schön, viel schöner zumindest als gestern -, sondern einfach nur weil mir danach ist.
Ich fotografiere alles, sas bei Drei nicht aus meinem Fotofokus gehüpft ist: Blumen, ein Pferd, das Pilgerwatching auf pferdisch macht (ich kann seine Gedanken schier hören: Ach du dicke Möhre, was für Esel diese Menschen doch sind, laufen aufrecht auf zwei Beinen mit dem Packen auf dem Rücken. Das muss doch voll unbequel sein! Warum tun die das nur? - Und dann höre ich es wiehern.) und - nachdem ich vor ein paar Tagen ja schon so weit gesunken war und Spinnweben fotografierte - Spinnen! Ich fotografiere Spinnen! Also wenn man sich da nicht selbst unheimlich wird, dann weiss ich wirklich nicht!
Am Ende geht es dann doch wieder auch ein bisschen schier endlos über Asphalt. Guuuut, das holt dann auch spinnenfotografierendd, alte Pilgerweiber wieder auf ddn ungefederten Boden der Tatasachen zurück. Aber nur bis Melide und es ist total lustig: Es gibt ja einige aus unserem Geknuddel, die hier bleiben wollen. Die sind seelisch und moralisch darauf vorbereitet. Aber die, die wie ich nach Boente weitergehen wollen, nehmen die Wanderschuhe in die Hand und wetzen wie angeknübbelt hindurch und... treffen sich völlig unverabredet und entkräftet an der letzten Bar wieder. Man hört nur ein grosses Aufatmen und dann das lauthalse Knarren der Stühle, auf die wir uns plumpsen lassen. Alles ist gut, hier sind wir wieder unter uns, hier sind wir daheim.
Es ist schon ziemlich eigenartig, jetzt so hierzusein. Einerseits fühle ich mich ein bisschen wie daheim, die Steine an der Bachquerung muscheln unter mir: Nee, ne, nicht die schon wieder!, die Wege verdrehen die Augen und die Bäume schlagen die Äste über ihren Kronen zusammen, weil sie die Wurzeln nicht schnell genug aus der Erde kriegen, dass sie flüchten können. Und ich habe alle diese Menschen um mich herum, die mir in den letzten zwei Wochen so lieb geworden sind. Aber irgendwie ist doch auch alles komisch und fremd, fremde Gesichter erzählen fyremdd Geschichten von Orten, die mir zwar ganzbdolle vertraut sind, aber auf meinem Camino in diesem Jahr so gar nichts zu suchen haben. Da gibt es keinen Kamm Perdon, sondern die Hospitalesroute, Aufstieg zu Cruz de Ferro und nach O Cebreiro? So anstrengend? - Hallo! Da wo ich war, war ein Schneesturm (naja, viel Wind mit scho auch ziemlich viel Schnee ist ja irgendwie schon ein bisschen ein Schneesturm, oder? Ein kleiner halt. Aber ich bin ja nunauch eher klein, aber deswegen bin ich auch trotzddm eine Eine - und manchmal denk ich: Boah!, was bist du (also ich) denn für Eine?! ) und keine Wege und dann Abwege da ist es eigentlich für einen normalen Menschen völlig abwegig, dass man die freiwillig geht, und. Ach, ich bin halt ein Hecht! Aber sag das mal einer denen, die von Irache schwärmen und darüb ER ärgern, dass eine bestimmte Bar noch nicht geöffnet hatte. Isch 'atte gar keine Bar - und zwar ziemlich oft! Und ich kann die ja verstehen, denn ich hab mich ja genau wie sie gefühlt.... und irgendwie kann ich das alles, was in diesen drei Wochen passiert ist, selbst nicht glauben. Ist es das? Von hinterher kommt mir das gerade selbst komisch vor.
Aber nun gut, jedenfalls bin ich jetzt wieder auf gewohntem Boden auf ddm,Camino Frances und fühle mich wie gar nicht von dieser Welt. Und jetzt sitze ich in Boente, da wo meine Lieblingskirche ist, in einer Herberge im Bett oben und bin glücklich, dass ich Wifi habe. So.